Gesetz gegen missbräuchliche Abmahnungen

Schon seit einem Jahr arbeitet das Bundesjustizministerium an einem Gesetzentwurf zur Stärkung des fairen Wettbewerbs. Aufgrund zahlreicher gesetzlicher Unternehmerpflichten z. B. bei der Gestaltung der Internetpräsenzen ist die Zahl von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen mittlerweile auf über 320.000 Abmahnungen pro Jahr angestiegen, sei es, weil Unternehmen unvollständige oder fehlerhafte Angaben im Impressum haben oder bei Vertragsabschluss mit Verbrauchern im Internet nicht über das gesetzliche Widerrufrecht belehren.

Die Bundesregierung möchte die missbräuchliche Abmahnindustrie zurückdrängen und finanzielle Anreize für Abmahnungen abbauen, indem z. B. Wettbewerber bei der Abmahnung von Bagatellverstößen keinen Anspruch mehr auf außergerichtliche Kostenerstattung haben. Dies betriff vor allem Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet sowie Datenschutzverstöße durch kleine Unternehmen und Vereine. Ferner sollen die formalen Anforderungen an eine wirksame Abmahnung dadurch angehoben werden, dass der Abmahnende das Wettbewerbsverhältnis und den Gesetzesverstoß des Abgemahnten genau darzulegen hat. Ist die Abmahnung rechtsmissbräuchlich oder erfüllt sie nicht die formalen Anforderungen, soll der zu Unrecht Abgemahnte einen Gegenanspruch auf Ersatz seiner Kosten erhalten, die ihm durch die Abwehr der unrechtmäßigen Abmahnung entstanden sind.

Daneben sollen die Anforderungen an die Anerkennung der qualifizierten Wirtschaftsverbände mit eigener Abmahnbefugnis angehoben und der sogenannte „fliegende Gerichtsstand” eingeschränkt werden. Grundsätzlich soll der Abgemahnte also nur noch dort verklagt werden können, wo sich sein Wohnort bzw. Geschäftssitz befindet.

Es bleibt abzuwarten, ob das Gesetz noch in diesem Jahr vom Bundestag beschlossen wird. Selbst wenn es aber noch in diesem Jahr in Kraft tritt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Abmahngefahren bei Wettbewerbsverstößen damit beseitigt sind. Denn das Gesetz will nicht generell Abmahnungen von Wettbewerbern oder Wirtschaftsverbänden verhindern, sondern nur den Abmahnmissbrauch bekämpfen. Unternehmen sind deshalb gut beraten, ihre Internetpräsenzen und ihre AGB rechtlich auf vorhandene Abmahnfallen zu überprüfen. Denn der beste Schutz gegen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen ist und bleibt der rechtskonforme Auftritt im Geschäftsverkehr.

Northeim, November 2019

 

Dr. Björn Schreier
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht