Die „passgenaue“ Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Anfang des Jahres wurde eine aus Arbeitgebersicht erfreuliche Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Beweiswert von ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen veröffentlicht (BAG v. 13.12.2023, 5 AZR 137/23).

Zum Hintergrund: Bereits im Jahr 2021 hatte das BAG entschieden, dass der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dann erschüttert ist, wenn nach Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitnehmer unmittelbar im Anschluss eine „passgenaue“ Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist vorgelegt wird. Damit haben Arbeitgeber eine reelle Chance, sich gegen eine Entgeltfortzahlung während der krankheitsbedingten Fehlzeiten zu verteidigen. Im gesetzlichen Normalfall hat die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen hohen Beweiswert und verpflichtet damit den Arbeitgeber faktisch zur Entgeltfortzahlung, wenn er nicht konkret belegen kann, dass der Mitarbeiter tatsächlich nicht erkrankt war.

In Fortführung dieser Rechtsprechung hat das BAG aktuell im Dezember 2023 entschieden, dass auch bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist, wenn diese passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst und der Arbeitnehmer unmittelbar im Anschluss eine neue Beschäftigung aufnimmt. Wenn ein Mitarbeiter nach einer Kündigung – gleich ob diese durch den Arbeitgeber oder durch den Arbeitnehmer erfolgt ist – bis zum Ende der Kündigungsfrist sich „passgenau“ krankmeldet und im Anschluss sofort wieder eine neue Arbeit aufnimmt, sollte also eine Entgeltfortzahlung verweigert werden und unter Hinweis auf die o.g. Rechtsprechung. Der Arbeitnehmer muss dann durch Entbindung seines Arztes von der Schweigepflicht, durch Vorlage eines ärztlichen Sachverständigengutachtens oder dergleichen darlegen, dass er tatsächlich erkrankt war. Er kann sich nicht mehr darauf berufen, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Nachweis der Erkrankung und damit Voraussetzung für die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers ausreicht. Tatsächlich wird sich damit in vielen Fällen eine Entgeltfortzahlung für eine Krankheit in der Kündigungsfrist vermeiden lassen.

Wenn zu der o.g. Entscheidung oder generell zur Entgeltfortzahlungspflicht bei Krankheit bestehen, sprechen Sie mich gern an!

Thorsten Herbote
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht